Wild West in Werther - Tumultartige Szenen beim 20. Schloss-Open Das traditionelle Schachturnier im ostwestfälischen
Werther feierte in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum - natürlich
nicht ohne Winser Beteiligung. Mit Bernd Bielstein (C-Gruppe, Platz 30 der Setzliste)
und Berthold Mitzko (D-Gruppe, Platz 1 der Setzliste und somit Tur-nierfavorit) schickte
der MTV Fichte zwei Wiederholungstäter an den Start, die bei ihrem Lieblingsturnier
schon mehrfach recht erfolgreich abgeschnitten hatten. Nachdem am Samstag beide Winser ihre Vormittagspartie siegreich gestalten konnten, ging es dementsprechend gut gelaunt in die Mittagspause. Diese bekam Bernd offensichtlich besser, denn er überrollte seinen Gegner in nur wenig mehr als zehn Zügen und läutete somit einen frühen Feierabend ein. Die so gewonnene Freizeit musste er allerdings allein verbringen, da Berthold erneut kein Ende fand. Nach mehreren Stunden vergeblicher Angriffsbemühungen musste er einsehen, dass es bei einem Remis bleiben würde. Am Sonntag sollte es zu dem im Titel bereits erwähnten Eklat kommen. Hier die Kurzfas-sung… Berthold hielt sich nach wie vor im Vorderfeld auf und traf auf einen älteren Herrn aus dem früheren Jugoslawien, der zunächst einmal einen freundlichen und netten Eindruck erweckte. Ebenfalls erweckte er jedoch auch den Verdacht, dass bei ihm und seinem Spiel nicht alles mit rechten Dingen zuging. Er war für keinen Schachverein gemeldet, besaß kei-nerlei Wertungszahl, befand sich damit ganz am unteren Ende der Setzliste und Rückschlüsse auf seine wahre Spielstärke konnte man nicht ziehen. Trotzdem gewann er alle bisherigen drei Partien und grüßte freundlich von der Tabellenspitze. Eine schon am Vorabend der Partie durchgeführte Recherche im Internet bestätigte den Verdacht: Noch vor wenigen Jahren besaß der Spieler eine Wertungszahl in einer Größenordnung, die ihn für eine Teilnahme im A-Turnier qualifiziert (und verpflichtet!) hätte! Anschließend war er für keinen Verein aktiv ge-meldet, die Wertungszahl ruhte und wurde vom Schachverband nicht mehr veröffentlicht. Dieser Umstand wurde von der Turnierleitung bei der Anmeldung leider nicht bemerkt. Seine Teilnahme diente offensichtlich nur dem Zweck, gegen deutlich schwächere Konkurrenz un-gefährdet den Turniersieg und somit ein ordentliches Preisgeld einzufahren. Es sollte jedoch anders kommen. Berthold konnte sich nicht mit der ihm zugedachten Opfer-rolle anfreunden, parierte sämtliche Angriffe seines eigentlich übermächtigen Gegners, kon-terte ihn zur rechten Zeit geschickt aus und erreichte eine klare Gewinnstellung. In aussichts-loser Lage versuchte der Falschspieler noch eine letzte List. Er reklamierte lauthals den letzten Zug des Winser Spielers und behauptete, dieser hätte seine Figur bereits auf einem anderen Feld abgestellt, bevor er seinen Zug beendete. Überflüssig zu erwähnen, dass dieser ver-meintlich ausgeführte Zug dem Spiel nochmals eine Wendung in die Gegenrichtung gegeben hätte. Es folgte eine kurze Diskussion, in die sich noch zwei Landsleute des Tricksers ein-mischten und seine Version der Dinge bestätigten. Unglaublich - rotzfrech gelogen! Als Krö-nung des Ganzen war einer der "Zeugen" vorher noch nicht mal im Turniersaal anwesend gewesen… Der herbeigeholte Schiedsrichter klärte den Vorfall jedoch rasch zu Bertholds Gunsten und forderte die Spieler auf, die unterbrochene Partie wieder aufzunehmen. Dazu sollte es letztlich nicht mehr kommen. Nach
einigem Hin und Her traten erneut Schieds-richter und Turnierdirektor in Erscheinung.
Der Auslöser des Theaters sah scheinbar ein, dass das Spiel und somit auch das
Turnier nicht mehr zu gewinnen war und weigerte sich weiter-zuspielen. Daraufhin wurde
er disqualifiziert und vom weiteren Turnier ausgeschlossen. Dieses veranlasste einen
seiner bereits erwähnten "Kameraden", dem Turnierdirektor noch ziemlich
deutlich körperliche Gewalt anzudrohen. Auch für ihn war das Turnier damit
vorzeitig been-det. Vorfälle dieser Art vermutet man eher in den unteren Fußball-Kreisklassen,
aber auch beim Schach kann es schon mal heiß hergehen. Text: Berthold Mitzko |